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Die Thiemstraße

Die heutige Thiemstraße hieß bis 1914 Feldstraße und gehört zum Stadtteil Spremberger Vorstadt. Mit der Umbenennung in Thiemstraße wurden die besonderen Leistungen von Carl Thiem gewürdigt. Insbesondere das damalige städtische Krankenhaus, heutiges Carl-Thiem-Klinikum, war das Ergebnis seines unermüdlichen Wirkens zum Wohle der Kranken. In der Thiemstraße sind verschiedene Unternehmen angesiedelt, der Schwerpunkt aber liegt auf dem Gesundheitswesen. Die Thiemstraße beginnt am Bahnhofsberg/Kreuzung Stadtring und verläuft in südlicher Richtung bis zur Kreuzung Saarbrücker Straße/Hermann-Löns-Straße (Europakreuzung).

Carl Thiem - „Vater der Unfallheilkunde“

Carl Thiem gilt als Mitbegründer der Unfallchirurgie in Deutschland und hat über die Landesgrenzen hinaus einen guten Ruf als Spezialist in der Traumatologie erworben.

Biographie:

Carl Thiem wurde als Sohn des Organisten und Lehrers Ernst Wilhelm Thiem und seiner Frau Emilie (geb. Scholz) am 10. Oktober 1850 im niederschlesischen Nicolschmiede (Kreis Sagan) geboren. Den ersten Unterricht erhielt er im elterlichen Hause, das er Ostern 1864 zum Besuch der Quarta (3.Klasse) des „Königlichen Gymnasium zu Lissa“ verließ.

1870/71 ging er als Primaner in den Deutsch-Französischen Krieg und erhielt dadurch seine Reifeprüfung erst mit 22 Jahren. 1872 begann er das Medizinstudium in Greifswald, welches insgesamt nur 4 Jahre dauerte (2 Jahre bis zum Physikum und 2 Jahre bis zum Staatsexamen). Am Ende seines Studiums verteidigte er seine Dissertation über die Löslichkeit von Bindegewebe in verschiedenen Lösungsmitteln. Das Preußische Ausbildungsgesetz ermöglichte ihm mit dem Staatsexamen, die Arbeit als Arzt, Wundarzt und Geburtshelfer aufzunehmen. Um praktische Erfahrungen zu sammeln, war er als promovierter Arzt in Prag, Berlin, Wien und dann wieder in Greifswald tätig.

1877 kam der junge Arzt nach Cottbus und praktizierte zunächst allein in seiner eigenen Praxis. Am 27. April 1880 heiratete er die Rentierstochter Martha Hedwig Schramke, die jedoch ein Jahr später an Typhus verstarb. Zuvor war die gemeinsame Tochter Auguste Emilie Getrud geboren worden. Zwei Jahre später, am 9. Juni 1883, heiratete der Witwer die elf Jahre jüngere Rentierstochter Wilhelmine Auguste Alice Schnitter und weitere Kinder folgten. Die Schnapsbrennerei seines Schwagers, Otto Schnitter, ermöglichte ihm die Herstellung und den Vertrieb des von ihm entwickelten „Magenlikör nach Prof. Thiem“.

1885 eröffnete er zusammen mit Dr. Kühne eine Chirurgisch-Gynäkologische Privatklinik in der Mühlenstraße 31 (dem späteren Wichernhaus). Der trostlose Zustand des Städtischen Krankenhauses in der Taubenstraße, welches eher einem Leidenshaus entsprach, erleichterte ihm diesen Entschluss. Die neue Klinik verfügte über 12 Betten und einem extra Zimmer für kranke Kinder. Thiem galt als Unternehmer, da zur damaligen Zeit das Betreiben einer Privatklinik zur gewerblichen Betätigung zählte. 1898 nach Erweiterung der Klinik besaß er einen „vorzüglich ausgestatteten Operationssaal“ und den ersten Röntgenapparat in Cottbus.

1890 gründete Carl Thiem ergänzend zur Klinik sein eigenes Institut mit dem Schwerpunkt Unfallverletzungen, dazu kamen später auch orthopädische Operationen. Aufgabe war es, die Funktionsfähigkeit verletzter Gliedmaßen wiederherzustellen. Durch die damals hochmodernen „Zander-Apparate“ (Geräte zur heilgymnastischen Therapie), welche zur Verbesserung der aktiven und passiven Beweglichkeit beitrugen, wurde dieses Institut ein Vorläufer der heutigen Rehabilitationseinrichtungen. Die Optimierung der Behandlungsmethoden wurde seine wissenschaftliche Aufgabe, wodurch er sich auf diesem Gebiet zu einem ihrer Pioniere entwickelte. Seine Nachuntersuchungen von Frakturen entsprach genau dem, was wir heute unter Qualitätssicherung verstehen.

1894 gab Dr. Carl Thiem zusammen mit Dr. H. Blasius und Dr. G. Schütz die „Monatsschrift für Unfallheilkunde“ heraus. 2 Jahre später wurde er auf Bitten der beiden der alleinige Herausgeber. Die Zeitschrift erscheint noch heute unter dem Titel „Der Unfallchirurg“. Ebenfalls gründete er am 20. September in der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Wien, die Abteilung für Unfallheilkunde mit Dr. Blasius, Dr. Kaufmann und Dr. Polaczek.

1896 wählte man Carl Thiem zum Vorsitzenden des ständigen Ausschusses für internationale Unfallkongresse und zum Sanitätsrat. Außerdem war er Cottbuser Stadtverordneter und arbeitet aktiv in der Kommunalpolitik. Damit trug er zu Beschlüssen für die Modernisierungen der Städtischen Wasserwerke, der Kanalisation oder der Straßenpflasterung in der Stadt bei. Aber sein größtes Anliegen war der Neubau des Städtischen Krankenhauses. An der Seite des Oberbürgermeisters Paul Werner kämpfte er nach langen Diskussionen für ein neues, moderneres Krankenhaus in das er seine klinischen Einrichtungen und Erfahrungen einbrachte.

1898 erhielt er seinen Professorentitel nach 20 Jahren praktischer wie wissenschaftlicher Arbeit und nach Erscheinen der 1. Auflage seines „Handbuchs der Unfallerkrankungen“.

1910 auf einem angefertigtem Gemälde strahlt er Würde und Stolz aus. Seine rechte Hand ruht auf seinem “Handbuch für Unfallerkrankungen“, welches sein Lebenswerk symbolisiert.

1912 auf dem 3. Internationalen Unfallkongress bekam er den Titel “Vater der Unfallchirurgie“.

Am 1. April 1914 wurde das neues Krankenhaus, die „Vereinigte Städtische und Thiemsche Heilanstalt“, eröffnet. Der heute noch genutzte Altbau war mit 300 Betten das größte Krankenhaus des damaligen Regierungsbezirkes. Thiem konnte das Haus nur 3 Jahre leiten, da er am 07.09.1917 in Cottbus mit 67 Jahren starb. Er wurde auf dem Cottbuser Südfriedhof begraben.

Dr. Schmidt und Dr. Kühne führten sein Werk, die Heilung der Kranken sowie die Aus-und Weiterbildung von Ärzten, in seinem Sinne weiter. Die ersten Erweiterungsbauten der Heilanstalt (Röntgenabteilung und Dienstwohnungen) entstanden 1928/29.

Bis 1931 stieg die Anzahl der Betten auf 597 an. Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde sogar eine Kapazität von 950 Betten erreicht. Im Jahre1945 wurde das Klinikum zu 90% durch Luftangriffe zerstört. Bis Ende 1949 wurde das Klinikum in drei Stufen wiederaufgebaut. Mit der Fertigstellung des Mittelabschnitts des Krankenhaus-Neubaus wurde am 31.Juli 1991 die Namensgebung in „Carl-Thiem-Klinikum“ vollzogen.

Carl-Thiem-Klinikum

Carl Thiem würde mit Freude sehen, dass „sein Krankenhaus“ heute aus den Nähten platzt: Neue Bettenhäuser entstanden, die Patienten werden nicht mehr in großen Sälen, sondern in komfortablen Zwei-Bett-Zimmern mit Bad versorgt. Vor allem die Ausstattung der 20 Kliniken und vier Institute mit Medizintechnik, die Labore und OP-Säle, die Intensivtherapiestationen und die modernen Kommunikationsmittel würden ihm imponieren. In den Jahren 1977 bis 1983 wurde ein umfangreiches Neubauprogramm im Klinikum umgesetzt. Es entstand der Neubaukomplex in seiner heutigen Ausdehnung. Bereits 10 Jahre später ergaben sich aber wieder neue Bedürfnisse in der medizinische Versorgung, ausgelöst durch den medizinischen Fortschritt, der sich besonders stark in den ersten 5 Jahren nach der Wende zeigte. Hier wurden wesentliche Investitionen in moderne Medizintechnik getätigt, die sich entscheidend auf Diagnostik und Therapie auswirkten. 1993 begann die zweite Phase der Krankenhauszielplanung mit umfangreichen Modernisierungen, Um- und Erweiterungsbauten. Und die Umgestaltung geht weiter. Im Frühjahr 2013 beginnen die Vorbereitungen für den Bau des neuen ,,funktionellen Herzens“ des gesamten Krankenhaus-Campus. Im ungenutzten Hof zwischen dem denkmalgeschützten Altbau und den Neubauten wird ein weiterer Neubau errichtet. Er wird zum neuen Haupteingang für Besucher, Patienten und Personal. Vom Klinikum aus gab und gibt es, im Sinne Carl Thiems, Impulse für die Entwicklung der Medizin. Das ist ein Ziel auch für künftige Generationen von Medizinern. Von Cottbus aus wird hervorragende Medizingeschichte geschrieben, Ausbildung, Lehre und die Forschung sind Zukunftsvisionen der Stadt und der Klinik. Wenn heute in Cottbus ein hoher Stand auf dem medizinischen Gebiet erreicht wurde, dann nicht zuletzt auch deshalb, weil auf einem soliden Fundament weiter gebaut werden konnte. Der Name Thiem steht für Fortschritt, Gerechtigkeitssinn und Dienst an der Gemeinschaft.

Villa Thiem – heute „Lila Villa“

Das 1914 im Auftrag des Geheimrats Prof. Dr. Carl Thiem errichtete Einfamilienhaus steht an der Nordseite der Thiemstraße, gegenüber dem 1914 von Thiem begründeten Städtischen Krankenhaus. Stadt- wie medizingeschichtliche Bedeutung besitzt die Villa vor allem als Wohnhaus des Geheimen Sanitätsrates Prof. Dr. med. J. Carl S. Thiem, dessen Name seit seiner Ansiedlung als Arzt in Cottbus im Jahr 1877 bis zu seinem Tod 1917 untrennbar mit der Entwicklung des Gesundheitswesens in der Stadt verbunden ist. In der Villa wohnte neben anderen Mietern noch bis 1928 Alice Thiem. Es ist ein stattlicher, zweigeschossiger Putzbau mit L-förmigem Grundriss und heute denkmalgeschützt. Die Gründerzeitvilla beherbergt seit dem 1. September 1994 das Frauenzentrum „Lila Villa“. Mit seinen Bildungs-, Beratungs- und Begegnungsangeboten ist das Frauenzentrum Cottbus inzwischen eine große Bereicherung für die Arbeit mit Mädchen, Frauen und Familien in der Stadt.

Gedenken an Carl-Thiem

Die Carl–Thiem-Gedenkmünze wurde 1997 erstmals anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie gestiftet. Sie wird jährlich verliehen für besondere Verdienste um die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie unter Einbeziehung berufspolitischer und berufsständischer Leistungen. Neben vielen anderen Preisträgern erhielt im Jahr 2000 Dr. Klaus Welz aus Cottbus diese Auszeichnung.

Ehrengrab auf dem Cottbuser Südfriedhof Das Carl-Thiem-Klinikum Carl Thiem Die Lila Villa Carl–Thiem-Gedenkmünze